Kara Walker. Replace R … with a Fortune Telling Device
Kara Walker. Replace Rubens … with a Fortune Telling Device
9. Juni – 12. September 2021
Kara Walker trägt als vierte Künstlerin zur Ausstellungsreihe „Replace Rubens“ bei. Ihr Vorschlag lautet „Replace Rubens … with a Fortune Telling Device“.
Ihre vierteilige vor allem schwarz-weiße Papierarbeit „A Reduction“ (2020) ist exakt an der Stelle des berühmten Rubensgemäldes der Kreuzigung Petri (1638–1640) platziert und übertrifft das barocke Gemälde in der Größe sogar. Zentral ist ein monumentaler, weißer Schattenriss eines Kelchs vor einem meist dunklen, aus zahlreichen verschiedenen Mal- und Papier- bzw. Collageschichten aufgebauten Hintergrund zu sehen. Dem Gefäß sind drei Einzelfiguren und ein Figurenpaar zugeordnet, die in ihrer leidenden, halluzinierenden oder aggressiven Gestik und Haltung ebenfalls als weiße Schattenrisse erscheinen. Ähnlich wie Peter Paul Rubens schafft Kara Walker eine dramatisch-sinnliche Komposition, die das prominente religiöse Symbol mit dem Abgründigen und unmittelbar drohender Gewalterfahrung verbindet. Anstelle der Schergen, die Petrus unter ungeheurer Kraftanstrengung kopfüber ans Kreuz nageln, droht die Tänzerin am rechten unteren Rand die vor ihr auf den Boden gebückte Figur am Fuß des übermächtigen Kelches zu erdolchen.
Die zentralen Kategorien ihres Werks von Macht und Unterdrückung, Sklaverei, Rasse und Geschlecht, globale Ungerechtigkeit, Gewalt und Liebe werden um die Dimension von Religion und Kirche und die damit verbundenen Abgründe erweitert. Ohne Rücksicht auf politische Korrektheit rüttelt Kara Walker an den tradierten Mythen, Religions- und Geschichtsbildern. Sie zwingt die Betrachtenden zu einem schonungslosen Hinsehen und thematisiert die existentiellen Fragen, die in ihrer ungeheuerlichen Gegenwärtigkeit nichts an Aktualität verloren haben. Wo kann der Mensch als Opfer – besonders angesichts seines Endes, aber auch in Konfrontation mit den Bedrohungen des Alltags – Halt und Zuversicht finden? Wenn dies nicht (mehr) in der Religion möglich ist – könnte diese Frage ein Wahrsagegerät beantworten?
Kara Walker (* 1969 in Stockton, USA) lebt und arbeitet in New York. Kernthemen ihres künstlerischen Werks sind Rassismus, Geschlecht, Sexualität und Gewalt mit besonderem Fokus auf der Geschichte der Schwarzen in den USA.
Zeitgleich zur Ausstellung in der Kunst-Station Sankt Peter Köln ist Kara Walker auch im benachbarten Rautenstrauch Joest Museum („RESIST! Die Kunst des Widerstands“, bis 5. September) vertreten; ab dem 5. Juni wird ihr zeichnerisches Werk in ihrer großen Einzelausstellung mit dem Titel „A Black Hole is Everything a Star Longs to Be“ im Kunstmuseum Basel gezeigt. Diese Ausstellung ist anschließend in der Schirn Kunsthalle Frankfurt (14.10.2021–16.01.2022) und im DePont Museum Tilburg (19.02.–24.07.2022) zu sehen.
Eingeladen von Friederike Schuler
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ENGLISH
Kara Walker. Replace Rubens… with a Fortune Telling Device
Kunst-Station Sankt Peter Köln
June 9th – September 12th 2021
You are cordially invited to join us for the opening on Tuesday, June th, 7:30pm!
More details about upcoming events as part of the exhibition will be published on our website.
The exhibition takes place in strict compliance with all current Corona regulations. Please take note of the measures currently in place which will be regularly updated and communicated by us with regard to regulations, spacing and safety.
Kara Walker is the fourth artist to contribute to the Replace Rubens exhibition series. Her proposal is „Replace Rubens … with a Fortune Telling Device“.
Her four-part primarily black-and-white paper work „A Reduction“ (2020) is placed on the exact location site of the famous Rubens painting of the Crucifixion of Peter (1638-1640) and even exceeds the Baroque painting in size. Centrally, a monumental white silhouette of a chalice can be seen against a mostly dark background constructed from numerous different layers of paint and paper or collage. Associated with the calyx are three individual figures and a pair of figures, whose suffering and hallucinatory or aggressive gestures and postures also appear as white silhouettes. Similar to Peter Paul Rubens, Kara Walker creates a dramatically sensual composition that combines the prominent religious symbol with the abysmal and immediately threatening experience of violence. Instead of the henchmen nailing Peter upside down to the cross with tremendous force, the dancer on the lower right edge threatens to stab the figure crouched on the floor in front of her at the foot of the enormous chalice.
The central categories of her work of power and oppression, slavery, race and gender, global injustice, violence and love are expanded to include the dimension of religion and church and the abysses associated with them. Without regard for political correctness, Kara Walker shakes up the traditional myths, images of religion and history. She forces the viewer to take a relentless look and addresses existential questions that have lost nothing of their topicality in their outrageous presence. Where can man as a victim – especially in the face of his end, but also in confrontation with the threats of everyday life – find support and confidence? If this is not (any longer) possible in religion – could a Fortune Telling Device answer this question?
Kara Walker (* 1969 in Stockton, USA) lives and works in New York. The core themes of her artistic work are racism, gender, sexuality and violence, with a particular focus on the history of Black people in the USA.
Coinciding with the exhibition at Kunst-Station Sankt Peter Cologne, Kara Walker is also represented at the closeby Rautenstrauch Joest Museum („RESIST! The Art of Resistance,“ through Sept. 5); beginning June 5th, her drawing work will be on view in a major solo exhibition titled „A Black Hole is Everything a Star Longs to Be“ at Kunstmuseum Basel. This exhibition will travel to Schirn Kunsthalle Frankfurt (Oct 14th 2021 – Jan 16th 2022) and DePont Museum Tilburg (Feb 19th – July 24th 2022).
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Eröffnung:Dienstag, 8. Juni 2021, 19.30 Uhr
Die Kunst-Station ist am 8.6. ab 18.30 Uhr geöffnet, um 19.30h gibt es eine kleine Begrüßung und Einführung im Hof, anschließend ist ein Besuch der Ausstellung unter Wahrung der Anstandsregeln und mit Maske innen möglich.
— Bitte beachten Sie die aktuell geltenden und von uns regelmäßig aktualisierten und kommunizierten Änderungen in Bezug auf die Ordnungs-, Abstands- und Sicherheitsregeln. –
Werkgespräche:
So 22.08.2021, 13.15 Uhr
Werkgespräch zu Kara Walker mit Friederike Schuler
So 05.09.2021, 13.15 Uhr
Werkgespräch zu Kara Walker mit Guido Schlimbach
So 12.09.2021, 13.15 Uhr
Werkgespräch zu Kara Walker mit Renate Goldmann
(letzter Tag der Ausstellung)
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Bildangabe: Kara Walker, A Reduction, 2020 (Detail)
Photo: Jason Wyche
© Kara Walker, courtesy of Sikkema Jenkins & Co. and Sprüth Magers
Kara Walker, A Reduction, 2020 (Detail)
Olstift und Papiercollage auf Leinen, vierteilig/four parts, 457,2 x 367 cm (overall)
Photo: Jason Wyche
Installationsansicht:
At the behest of Creative Time Kara E. Walker has confected: A Subtlety, or the Marvelous Sugar Baby, an Homage to the unpaid and overworked Artisans who have refned our Sweet tastes from the cane felds to the Kitchens of the New World on the Occasion of the demolition of the Domino Sugar Refning Plant
Domino Sugar Refnery, A project of Creative Time, Brooklyn, NY, 2014
Photo: Jason Wyche
Artwork © Kara Walker, courtesy of Sikkema Jenkins & Co. and Sprüth Magers
Kara Walker
Fall Frum Grace, Miss Pipi’s Blue Tale, 2011
Video (Farbe, sound), 17 min
Installation view: Camden Arts Centre, London, UK, 2013
Photo: © Angus Mill Photography
Artwork © Kara Walker, courtesy of Sikkema Jenkins & Co. and Sprüth Magers
Kara Walker
Gone: An Historical Romance of a Civil War as it Occurred b’tween the Dusky Thighs of One Young Negress and Her Heart, 1994
Cut paper on wall
Approx. 156 x 600 inches (396.2 x 1524 cm)
Installation view:The Drawing Center, New York, 1994
Photo: Orcutt Photo
Artwork © Kara Walker, courtesy of Sikkema Jenkins & Co. and Sprüth Magers
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Fotogalerie Installationsansichten Kara Walker
Kara Walker. Replace Rubens … with a Fortune Telling Device
Ausstellungsansicht Kunst-Station Sankt Peter Köln, Juni 2021
Photos: Christopher Clem Franken
Kara Walker und die Alten Meister (Vortrag)
Kara Walker und die Alten Meister: Zeichnungen und Schattenrisse als Finte
Dr. Anita Haldemann
Leiterin des Kupferstichkabinetts im Kunstmuseum Basel und Stellv. Direktorin
Anita Haldemann diskutiert Kara Walker’s Beitrag zur Ausstellungsreihe Replace Rubens – A Reduction – im Kontext des Gesamtwerks der Künstlerin. Dabei wird ein besonderer Fokus auf der Auseinandersetzung mit Rubens und den Alten Meistern liegen. Während ihres Aufenthalts als Fellow der American Academy in Rom im Jahr 2016 beschäftigte sich Kara Walker intensiv mit der religiösen Bildgeschichte und den Narrativen des Glaubens, die in zahlreichen Werken ihren Niederschlag fanden. Ihre zentralen Themen von Macht und Unterdrückung, menschlicher Brutalität und Gewalt spiegeln sich auch in diesen Bildwelten stets aufs Neue wider. Im Kunstmuseum Basel ist noch bis 26. September die von Anita Haldemann kuratierte, umfassende Einzelausstellung „A Black Hole is Everything a Star Longs To Be“ zu sehen, die mehr als 600 bisher nicht gezeigte Papierarbeiten Kara Walker’s zeigt. Ausgehend von diesem reichhaltigen Fundament wird Anita Haldemann den Bogen zu der in Köln gezeigten monumentalen Arbeit spannen und Stellenwert und Funktion von Zeichnung, Scherenschnitt und Schattenriss im Werk Kara Walkers erörtern.
Anita Haldemann ist nach langjähriger Tätigkeit als Kuratorin seit 2017 Leiterin des Kupferstichkabinetts am Kunstmuseum Basel, wo sie zahlreiche Ausstellungen zur Zeichnung und Druckgraphik des 19. bis 21. Jahrhunderts kuratiert hat. Seit 2019 ist sie als Mitglied der Geschäftsleitung des Kunstmuseums zusätzlich Leiterin des Bereichs Kunst und Wissenschaft und Stellvertretende Direktorin. Sie hatte Lehraufträge an den Universitäten Bern und Basel inne. Neben Projekten zum 19. Jahrhundert, insbesondere einer bedeutenden Ausstellung zu Cézannes Skizzenbüchern (2017) organisierte sie u.a. wichtige Zeichnungsretrospektiven zu Rosemarie Trockel (2010), Markus Raetz (2013) und Maria Lassnig (2018) sowie immer wieder jüngere und höchst aktuelle Positionen in Ausstellungen und Publikationen wie Michaël Borremans (2004), Rozá El-Hassan (2012) und Catharina van Eetvelde (2017).
Der Vortrag findet als Präsenzveranstaltung vor Ort unter Einhaltung aller geltenden Hygienemaßnahmen und Corona-Regelungen statt und wird parallel digital übertragen. Zugangsdaten und Details hierzu werden zeitnah bei Facebook bekannt gegeben.